Linearkombination
Mit dem Begriff „Linearkombination“ ist in der analytischen Geometrie gemeint, dass ein Vektor als Summe der Vielfachen zweier oder mehrerer anderer Vektoren dargestellt werden kann. Das ist zwar eine schöne mathematische Erklärung, doch wahrscheinlich sagt dir dieser Satz nicht wirklich viel. Also schauen wir uns doch einfach ein konkretes Beispiel einer Linearkombination an:
Betrachte die rechts dargestellten Vektoren , und !
Die drei Vektoren sollen gemeinsam in einer Ebene liegen, welche in der Zeichnung als Parallelogramm angedeutet ist. Der Vektor lässt sich daher als Linearkombination der Vektoren und ausdrücken.
In diesem Beispiel lässt sich offensichtlich folgende Linearkombination bilden:
Der Vektor lässt sich also als Summe des Dreifachen von und des Doppelten von darstellen. Der Vektor lässt sich also als Summe der Vielfachen zweier anderer Vektoren darstellen. Hätten sich die drei Vektoren nicht gemeinsam in einer Ebene befunden, wäre es nicht möglich gewesen als Linearkombination der Vektoren und auszudrücken. Es ist somit nur dann möglich eine Linearkombination der Vektoren und zu bilden, wenn sie in einer gemeinsamen Ebene liegen, oder zumindest in eine Ebene verschoben werden können. Dann sagt man, die drei Vektoren sind linear abhängig oder komplanar. Mehr dazu im Kapitel Lineare Abhängigkeit von Vektoren.
Wie wird nun eine Linearkombination allgemein geschrieben? Das hängt davon ab, wie viele Vektoren beteiligt sind.
Auf die folgende Art und Weise wird beispielsweise ein Vektor allgemein als Linearkombination der zwei Vektoren und ausgedrückt:
ℝ
Es gibt aber auch Linearkombinationen aus drei oder mehr Vektoren. So kann beispielsweise ein Vektor als Linearkombination der drei Vektoren und dargestellt werden:
ℝ
Dies ist jedoch nur dann möglich, wenn entweder die drei Vektoren und linear unabhängig sind oder wenn alle vier Vektoren und in einer gemeinsamen Ebene liegen bzw. in eine Ebene hinein verschoben werden könnten.
Wie berechnet man nun aber die Werte und bei einer Linearkombination aus drei Vektoren ? Schauen wir uns doch einfach jeweils ein konkretes Beispiel für die Berechnung einer Linearkombination mit zwei bzw. drei Vektoren an:
1. Bsp.:
Stelle als Linearkombination der Vektoren und dar!
Lösung:
Allgemeiner Ansatz:
Wir setzen die gegeben Vektoren in den allgemeinen Ansatz ein:
Nun wird jede Zeile als einzelne Gleichung aufgefasst. So erhält man ein Gleichungssystem aus drei Gleichungen mit den zwei Unbekannten und .
I
II
III
Es handelt sich hierbei um ein überbestimmtes Gleichungssystem, d.h. wir mehr Gleichungen als Unbekannte. Genauer gesagt, gibt es eine Gleichung zu viel. Wir lösen das Gleichungssystem am besten, indem wir eine Gleichung, beispielsweise Gleichung I, vorerst weglassen, mit den verbleibenden Gleichungen und berechnen und danach die Ergebnisse jeweils in die zuerst weggelassene Gleichung zur Kontrolle einsetzen. Ergibt sich dabei eine wahre Aussage, lässt sich tatsächlich als Linearkombination der Vektoren und darstellen. Die drei Vektoren liegen dann in einer gemeinsamen Ebene. Ergibt sich bei der Kontrolle dagegen ein Widerspruch, sind die drei Vektoren linear unabhängig, d.h. sie spannen einen Raum auf, und es lässt sich keine Linearkombination bilden. Versuche doch gleich selbst mit den Gleichungen II und III die Unbekannten und zu berechnen, ohne vorher die folgende Lösung anzuschauen!
Gleichung I lassen wir vorerst weg. Hier noch einmal die anderen beiden Gleichungen:
II
III
Du kannst nun entweder das Additions- oder das Einsetzungsverfahren anwenden. Vermutlich bevorzugst du das Einsetzungsverfahren. Daher wird im Folgenden diese Methode gezeigt. Gleichung II lässt sich leicht nach auflösen.
II |
II´
in III
|
|
in II´
Kontrolle:
Um festzustellen, ob überhaupt eine Linearkombination existiert, müssen wir und in die vorher weggelassene Gleichung I einsetzen und überprüfen, ob sich eine wahre Aussage ergibt.
Hier noch einmal die Gleichung I:
und in I
(wahr)
Es gibt also eine Linearkombination. Um sie zu erhalten, muss man nur noch die berechneten Werte für und in den allgemeinen Ansatz einsetzen. So erhält man:
Fertig!
2. Bsp.:
Stelle als Linearkombination der Vektoren , und dar!
Lösung:
Allgemeiner Ansatz:
Wir setzen die gegeben Vektoren in den allgemeinen Ansatz ein:
Nun wird jede Zeile als einzelne Gleichung aufgefasst. So erhält man ein Gleichungssystem aus drei Gleichungen mit den drei Unbekannten und .
I
II
III
Nun liegt ein Gleichungssystem mit drei Gleichungen und drei Unbekannten vor. Wir lösen es mit dem Gauß-Algorithmus. (Das ist eigentlich nur ein verfeinertes Additionsverfahren. Gleichung I lassen wir stehen, aus Gleichung II und III wird zuerst jeweils eliminiert. Um aus Gleichung II die Unbekannte zu eliminieren, nehmen wir I und II. Die Gleichung I wird dann mit 2 multipliziert und II davon abgezogen. Dadurch fällt die Unbekannte heraus. Die so entstandene Gleichung nennen wir II´. Um aus Gleichung III ebenfalls die Unbekannte zu eliminieren, addieren wir I und III. Das ergibt die Gleichung III´. In einem weiteren Schritt müssen wir aus III´die nächste Unbekannte eliminieren. Dadurch kann letztendlich leicht berechnet und in II´eingesetzt werden, so dass wir erhalten. Durch Einsetzen von und in Gleichung I bekommen wir dann auch .) Falls dir das beschriebene Vorgehen nicht hundertprozentig klar ist, wiederhole unbedingt das Additionsverfahren im Kapitel Gleichungssysteme:Drei Gleichungen mit drei Unbekannten! Sonst wirst du Schwierigkeiten haben, die nächsten Schritte zu verstehen, obwohl sie oben schon kurz erläutert wurden.
Hier noch einmal das Gleichungssystem:
I
II
III
I
2I – II (Gleichung II´)
I + III (Gleichung III´)
I
II´
II´- III´ (Gleichung III´´)
III´´ |
in II´
|
|
in I
|
Nun haben wir alle drei Unbekannten ermittelt.
Das Gleichungssystem war eindeutig lösbar, d.h. es ergab sich für jede Unbekannte genau eine Lösung. Es gibt hier also genau eine Linearkombination. Um sie zu erhalten, muss man nur noch die berechneten Werte für und in den allgemeinen Ansatz der Linearkombination einsetzen. Das ergibt:
Damit ist die Aufgabe gelöst. Es bleibt noch anzumerken, dass sich bei anderen Aufgaben dieser Art manchmal unendlich viele oder auch gar keine Lösungen für und aus dem Gleichungssystem ergeben. Es kann sich bei der Gleichung III´´nämlich auch um eine wahre Aussage, z. B. 4 = 4 oder 0 = 0, handeln oder um einen Widerspruch, z. B. 4 = 3 oder 1 = 0.
Ergibt sich eine wahre Aussage, hat das Gleichungssystem unendlich viele Lösungen. Es gibt dann unendlich viele verschiedene Möglichkeiten den Vektor als Linearkombination der drei Vektoren und darzustellen, weil sich alle vier Vektoren in einer gemeinsamen Ebene befinden. Die drei Vektoren und sind somit linearabhängig/komplanar und liegen daher in einer Ebene, in der sich auch der vierte Vektor befindet.
Ergibt sich ein Widerspruch, hat das Gleichungssystem keine Lösung. Es gibt dann keine Möglichkeit den Vektor als Linearkombination der drei Vektoren und darzustellen, weil sich die drei Vektoren und in einer gemeinsamen Ebene befinden, aber der vierte Vektor nicht in dieser Ebene liegt. Die Vektoren und sind also wieder linear abhängig/komplanar, aber liegt nicht mit ihnen in einer Ebene.
Zusammenfassung:
Es gibt drei verschiedene Möglichkeiten beim Versuch einen Vektor als Linearkombination dreier Vektoren und darzustellen.
· Die Vektoren und sind linear unabhängig/nicht komplanar, d.h. sie spannen einen Raum auf. In diesem Raum liegt natürlich auch . Daher kann eindeutig als Linearkombination der Vektoren und ausgedrückt werden. Das Gleichungssystem liefert wie im 2. Bsp. jeweils genau eine Lösung für die Unbekannten und .
· Die Vektoren und sind linear abhängig/ komplanar, d.h. sie liegen in einer gemeinsamen Ebene, in der sich zusätzlich auch der Vektor befindet. Es existieren dann unendlich viele verschiedene Möglichkeiten für Linearkombinationen des Vektors aus den drei Vektoren und . Das Gleichungssystem liefert unendlich viele Lösungen für die Unbekannten und . Es entsteht beim Gauß-Verfahren mindestens eine wahre Aussage.
· Die Vektoren und sind linear abhängig/ komplanar, d.h. sie liegen in einer gemeinsamen Ebene, aber der Vektor befindet sich nicht in dieser Ebene. Es gibt dann keine Linearkombination des Vektors aus den drei Vektoren und . Das Gleichungssystem liefert gar keine Lösung für die Unbekannten und . Es entsteht beim Gauß-Verfahren mindestens ein Widerspruch.
Bitte überlege dir jetzt noch einmal, welche Bedingung für die Vektoren und gelten muss, damit jeder beliebige vierte Vektor eindeutig als Linearkombination aus ihnen dargestellt werden kann, dass es also wirklich genau eine Linearkombination gibt und nicht unendlich viele oder gar keine!
Du hast sicher herausgefunden, dass die Vektoren und linear unabhängig sein müssen, damit sich jeder beliebige Vektor eindeutig als Linearkombination aus ihnen darstellen lässt. Drei Vektoren im , durch die jeder beliebige Vektor als Linearkombination dargestellt werden kann, nennt man eine „Basis“. Drei Vektoren bilden nur dann eine Basis im , wenn sie linear unabhängig sind. Entsprechend braucht man im zwei linear unabhängige Vektoren für eine Basis. Mehr dazu unter dem Stichwort Basis.